Der Unterschied zwischen Theorie (Mathematik, Physik...) und Praxis (Anwendung) ist allgegenwärtig. Was nützt theoretisches Wissen, wenn man nicht weiß, wie man es in der Praxis einsetzen kann? Dazu braucht jeder seine Brücken, die er zwischen Theorie und Praxis beschreiten kann.
Mir hat lange Zeit gereicht, daß ein Koppelkondensator oder Siebelko einfach ausreichend groß sein muß, um seine Aufgabe zu erfüllen. Zur Berechnung von Filtern und Frequenzgängen hat das zwar nicht gereicht, wohl aber zum Aufbau von Netzteilen und NF-Verstärkern mit Röhren und Transistoren. Damit hat mir auch sofort eingeleuchtet, daß Stützkondensatoren an einem IC eine Parallelschaltung von Elko und Kerko erfordern, weil der Elko bei HF kein idealer Kondensator mehr ist, womit mancher Theoretiker schon etwas überfordert sein kann. Auch die Dimensionierung eines LED-Vorwiderstands läßt sich ohne Berücksichtigung mathematisch komplizierter Kennlinien und Vierpol-Theorie und -Rechnung vornehmen, wenn man weiß, wo und wie man Vereinfachungen (Daumenregeln...) einsetzen darf.
Die alten "Kochbücher", wie das TTL-Kochbuch oder auch die Elektor Halbleiterhefte, haben viele Beispiele vermittelt, wie sich eine Schaltung für einen bestimmten Zweck grundsätzlich aufbauen läßt. Diese Beispiele lassen sich kaum durch theoretische Betrachtungen finden, selbst wenn man hinterher damit begründen kann, daß sie ihren Zweck tatsächlich erfüllen.
Mein Fazit: man muß nicht alles bis ins theoretische Detail verstehen, um Schaltungen nachzubauen oder selbst zu entwickeln. Dazu reicht meist ein Blick ins Kochbuch (gewußt wo), und praktische Erfahrung (gewußt wie). Wenn man dann auf unerklärliche Probleme stößt, kann man Wissenslücken anhand der Erfahrung anderer in Foren wie diesem schließen :-)